Im Interview mit dem Deutschlandfunk: Finanzbildung, Altersarmut, & wie es mit dem Unternehmen Madame Moneypenny weitergeht

Im Interview mit dem Deutschlandfunk spreche ich über Finanzbildung, die ersten Schritte hin zur finanziellen Unabhängigkeit, ob die Finanzkrise meine Community getroffen hat und ob ich vorhabe, mich aus dem Unternehmen Madame Moneypenny herauszuziehen.

Das Interview kannst du dir hier anhören.

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DF: Wie bist du zu dem Thema selbstständiges Anlegen gekommen?

NW: Durch eine Erfahrung, die ich mit einer Finanzberaterin gemacht habe. Sie verkaufte mir einige Produkte. Ich hatte ein blödes Gefühl und dachte mir, dass ich mich mit so einem wichtigen Thema vielleicht selbst beschäftigen sollte. Ich war zu der Zeit eine Woche krank. Während ich im Bett lag und nicht arbeitete, fing ich an Bücher über Finanzen und Blogs zu lesen, Youtube-Videos anzuschauen und mich in das Thema hineinzuarbeiten. Online-Kurse gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht.

DF: Eins deiner Bücher heißt: „Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können“. Warum hältst du es persönlich für so wichtig, dass sich Frauen selbst um ihre Finanzen kümmern?

NW: Mit ‚selbst“ meine ich zum Einen, dass sie es nicht demr Partnerin oder dem Vater überlassen. Das war zum Beispiel immer meine Devise: „Papa wird das schon irgendwie wissen.“

Ich meine damit aber auch die Unabhängigkeit von Bankberater*innen. Die verfolgen ihre eigene Agenda und wollen Produkte verkaufen. Das ist erstmal nicht schlimm. Ich sollte trotzdem hinterfragen, mit welchem Interesse mir das eine oder andere angeboten wird. Passt das Produkt wirklich zu mir oder bringt es dem*r Bankberater*in die höchste Provision? Man sollte hier zumindest in der Lage sein, die richtigen Fragen zu stellen und Paroli bieten zu können, um kein leichtes Opfer zu sein.

Dazu kommt auch der Unabhängigkeits- und Freiheitsgedanke. Meine Erfahrung ist, dass viele Frauen sowohl im Beruf als auch in der Partnerschaft super emanzipiert sind, aber dass es bei den Finanzen dann plötzlich heißt: „Das macht mein Mann/Vater/…“. Das ist gefährlich. Denn dann bin ich von Entscheidungen, die andere in meinem Namen treffen, abhängig und auch von deren Wissen. So passieren schnell Fehler (egal ob gewollt oder ungewollt).

Was ist außerdem, wenn der Mann irgendwann nicht mehr da ist oder wenn irgendetwas passiert? Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen: Geld ist Teil des Lebens und ein gewisses Grundverständnis sollte darüber einfach vorhanden sein. In unserer Gesellschaft kann es sehr schnell existenzbedrohend werden, wenn ich nicht genug Geld habe. Ich finde es schade, dass es mit all den verfügbaren Informationen heutzutage noch Frauen gibt, die sich nicht mit ihren Finanzen beschäftigen.

DF: Woran glaubst du liegt das? Warum beschäftigen sich Frauen so wenig mit dem Thema Finanzen?

NW: Das Thema ist erst einmal nicht so attraktiv. Viele finden es trocken. Ich übrigens nicht. Geld gehört zum Leben dazu. Viele Themen rund um Geld machen meiner Meinung nach auch Spaß. Spätestens dann, wenn man die Früchte ernten und sich auch mal etwas gönnen kann.

Sozialisierung spielt natürlich auch eine Rolle: „Finanzen sind Männersache“ – damit sind wir aufgewachsen und davon ist ganz viel in unserer DNA. Es ist spannend, sich die Historie von uns Frauen zu Arbeit und Finanzen anzuschauen. Meine Oma musste beispielsweise meinen Opa noch fragen, ob sie arbeiten gehen darf. Ein eigenes Konto durfte sie auch nicht haben.

DF: Die Ehestrukturen haben sich auch verändert. In der Großeltern-Generation waren viele bis zum Schluss zusammen, ob sie sich geliebt haben oder nicht.

NW: Ich habe ganz viele Pärchen im Freundes-und Bekanntenkreis, oft auch mit gemeinsamen Kindern, die nicht heiraten wollen.

DF: Stichwort Altersarmut bei Frauen. Das ist in deinen Büchern und deinem Podcast auch ein wichtiges Thema. Was denkst du persönlich: Woran liegt es, dass gerade Frauen so stark von Altersarmut bedroht sind?

NW: Typische Frauenberufe werden oft immer noch schlechter bezahlt. Begriffe wie Gender Pay Gap & Co. sagen uns allen etwas.

Dann gibt es die Teilzeitfalle, die auch ein systematisches Problem ist. In Teilzeit verdient man weniger Geld. Problematisch ist, dass oft ganz selbstverständlich die Frau in Teilzeit geht.

Deswegen ist Selbstvorsorge wichtig. Wenn ich mich früh genug mit dem Thema Finanzen beschäftige und frühzeitig meine eigene Vorsorge auf die Beine stelle, dann ist die gesetzliche Rente nicht mehr so relevant. Altersarmut steht stellvertretend für: Du fällst durchs Raster unseres staatlichen Rentensystems.

DF: Du sprichst viel von Bildung und sich informieren. Was müsste sich deiner Meinung nach in den Schulen ändern?

NW: Eigentlich fängt finanzielle Bildung noch vor der Schule an, nämlich im Elternhaus. Eltern nehmen eine Vorbildfunktion ein: Als kleines Kind schaue ich mir das Verhalten meiner Eltern mit Geld ab.

Es wäre optimal, wenn es in der Schule ein Fach „So funktioniert die Welt“ gäbe, von dem Geld ein großer Teil sein sollte. Natürlich stellt sich die Anschlussfrage, wer ein solches Fach lehren soll. Die Lehrkraft selbst müsste eine positive Einstellung zu Geld haben und gewisse Erfahrungswerte mitbringen, entweder aus der Wirtschaft oder einer meiner Bloggerkolleg*innen. Eine Person, die ein bisschen näher am Thema dran ist.

Die Verschuldung unter Jugendlichen ist in den letzten Jahren auch stark gestiegen. Manche haben 3 Handyverträge – was sehr schön zeigt, wie viel sie über Geld wissen oder eben auch nicht. Deswegen: Je früher man mit dem Thema Finanzen anfängt, desto besser.

Es ist wichtig, Kindern und Jugendlichen ein positives Money-Mindset mitzugeben: Dass Geld nichts Schlechtes ist und dass es vollkommen in Ordnung ist, Geld zu verdienen, zu haben und zu sparen. Und dass man gerne mit anderen über Geld sprechen kann.

Ideal wäre es, würde Finanzbildung schon im Elternhaus mitgegeben und in der Schule nochmals untermauert werden.

DF: Ich habe das Gefühl, dass verschuldet sein manchmal sogar cool ist und dass sogar ein bisschen damit geprahlt wird. Gerade bei den Anfang 20-Jährigen.

NW: Das meine ich. Auf Instagram halten Menschen Champagnerflaschen in die Kamera oder vor posen vor Autos, die ihnen nicht gehören. Heutzutage ist es natürlich auch sehr leicht, ein falsches Bild von Statussymbolen zu bekommen. Bei mir waren es damals Buffalos, die ich unbedingt haben musste, um dazuzugehören. Damals musste ich mich aber nur mit meiner Klasse vergleichen. Heute vergleichen wir uns gefühlt mit der ganzen Welt auf Instagram, auf der sich alle ständig überbieten.

Am Anfang sind es die Schuhe später dann das Auto für 50.000 Euro, das ich mir nicht leisten kann oder die Eigentumswohnung für 1,5 Millionen Euro, die ich mir auch nicht leisten kann. Ein bisschen mehr Realismus versprühen zu können, wäre schön.

DF: Ich erinnere mich noch an meine ersten Bankbesuche. Die Bankberater*innen wollten am Ende wissen, ob ich noch Fragen hätte. Ich war aber von der Masse an Fremdvokabular so erschlagen, dass ich überhaupt keine Fragen hätte stellen können. Manchmal frage ich mich, ob das Programm ist. Profitieren manche Menschen von Unwissenheit?

NW: Meiner Meinung nach absolut. Natürlich gibt es auch gute Bankberater*innen. Trotzdem sind auch sie in ihrem System gefangen, bei dem es beispielsweise in einer Bank darum geht, bestimmte Produkte zu verkaufen. Bei der Sparkasse wird dir erst einmal ein Bausparvertrag angeboten. Was ist das überhaupt? Selbst wenn sie es erklären, versteht man es als Otto-Normalverbraucher nicht. Meiner Meinung nach ist es dafür auch nicht gemacht. Es ist ihre Daseinsberechtigung und ihr Alleinstellungsmerkmal, dass sie mehr wissen als du.

Wer bei einer Bank oder einer Versicherung sitzt, muss sich also nicht doof vorkommen, wenn er oder sie es nicht versteht.

Bei mir geht es darum, Geld in ETFs selber anzulegen. Viele Menschen wissen noch nicht einmal, dass sie das selber über ein Online-Depot machen können. Sie lassen das Depot von ihrem Bankberater verwalten und zahlen dafür Provision. Das ist ja auch ok, aber an Aufklärung haben Bankberater*innen eben genau deshalb kein Interesse. Weil ich es dann irgendwann selber machen würde.

DF: Wenn eine Hörerin dieses Beitrags ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen möchte, womit sollte sie starten? Was würdest du empfehlen?

NW: Am besten mit einer Status-Quo-Analyse. Man sollte sich fragen, wo man überhaupt steht. Welche Versicherungen habe ich? Wie steht es um die Altersvorsorge? Habe ich Schulden? Habe ich eine Immobilie? Eine Lebensversicherung?

Das schreibe ich alles auf und überlege dann, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Das ist erstmal nur eine Feststellung. Wichtig ist, sich nicht für irgendetwas zu verurteilen. Es geht jetzt darum, es besser zu machen.

Danach sollte ich ein Haushaltsbuch führen, in dem ich alle Einnahmen und Ausgaben notiere und im Anschluss Sparpotenziale identifiziere. Es geht darum, mehr Achtsamkeit fürs Geld ausgeben zu entwickeln. Welche App du für das Haushaltsbuch benutzt, ist übrigens vollkommen irrelevant. Ich mache das mit einer Excel-Tabelle, Zettel und Stift geht auch.

Schau dir an, was du aufgeschrieben hast und entwickle eine Strategie, wie du einen Betrag X pro Monat sparen kannst.

Dann gehts ans Investieren. Bei mir sind das ETFs und die Börse. Hier ist es wichtig, sich sehr gründlich einlesen und offen an die Sache herangehen und dich auch die eigenen Glaubenssätze nochmal anzuschauen.

DF: Kannst du kurz erklären, was ETFs sind?

NW: ETFs sind Aktienfonds. Eine Aktie ist ein Unternehmensanteil. Wenn ich ein bestimmtes Unternehmen toll finde und in dieses Unternehmen investieren möchte, kann ich mir eine Aktie von diesem Unternehmen kaufen. Mir gehört dann ein winzig kleines Stück dieses Unternehmens. Ich kann mir also einzelne Aktien von einzelnen Unternehmen kaufen, was recht mühsam ist oder ich kann einen bequemeren und sicheren Weg gehen und in Aktienfonds investieren. Also mir davon einen Teil kaufen.

Es gibt verschiedene Typen von Aktienfonds. ETFs sind sehr günstige, sehr breitgestreute Aktienfonds. Das kann man sich wie einen Korb oder Blumenstrauß vorstellen, in dem schon verschiedene Aktien liegen.

Für Privatanleger*innen sind ETFs ein schönes Mittel auch schon mit kleinen Beträgen (ab 25 Euro) sehr breit zu investieren und zu diversifizieren. Es geht nicht darum, seine ganze Altersvorsorge in die Lufthansa zu stecken, sondern so breit wie möglich zu streuen, um das Risiko, dass eines dieser vielen Unternehmen pleite geht oder es einer Branche schlecht geht, zu streuen. Es ist wichtig, breit aufgestellt zu sein.

DF: Stichwort Risiko. Du schreibst es ja auch in deinen Büchern, dass es immer riskanter ist an die Börse zu gehen als das Geld in die Socken zu stopfen. Hast du manchmal Angst, dass in ein paar Jahren alles, was du dir so gedacht hast, ganz anders aussieht und dass aber sehr viele Frauen auf deine Tipps gehört haben? Hast du ein Verantwortungsgefühl, das dich manchmal beschäftigt?

NW: Auf jeden Fall. Ich versuche immer deutlich zu machen, dass das der Weg ist, den ich gehe. Gleichzeitig appelliere ich an die Selbstverantwortung der Frauen. Was genau nicht passieren sollte, ist dass Frauen denken: „Natascha hat was von ETFs gesagt, ich google mal und kauf mir einen.“ Das geht nach hinten los und wird richtig teuer.

„Glücklicherweise“ hatten wir jetzt gerade erst eine Finanzkrise. Mein Bangen war, was mit meiner Community passiert, wenn die Krise kommt.

Deswegen ist es mir wichtig, umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten. Du musst zum Beispiel erst einmal deine Risikobereitschaft analysieren. Menschen, die in Krisen Panik bekommen, sind zu 99% zu viel Risiko eingegangen.

Es war für mich auch überraschend, dass ich während der Krise aus meiner Community nichts gehört habe. Im Gegenteil: Ich bekam teilweise handschriftliche Briefe, viele E-Mails, und Instagram-/Facebook-Nachrichten von Frauen, die sagten, dass sie sehr froh sind, ihre Finanzen so strategisch aufgebaut zu haben und alle Schritte durchgegangen zu sein. So waren sie die Ruhe selbst in der Krise.

Wenn man weiß wie es funktioniert und was dazu gehört, eben nicht zu viel Geld investiert und breit streut und das in seiner eigenen finanziellen Gesamtsituation sieht, ist man dann schon hartgesotten. Im Vergleich dazu wissen die Zittrigen nicht wirklich was sie tun. Die Hartgesottenen dagegen sitzen Krisen aus und ergreifen vielleicht sogar die Chance, günstiger nachzukaufen.

DF: Stichwort Community: Wenn man bei den regionalen Communitytreffen dabei ist, hat man den Eindruck, dass sich das System Madame Moneypenny schon verselbstständigt hat. Wie ist dein Plan? Hast du vor, dich langsam rauszuziehen? Was sind die nächsten Schritte?

NW: Rausziehen nicht unbedingt. Aber ich überlege mir natürlich schon, welche Aufgaben im Unternehmen ich machen „muss“. Also alles wofür mein Gesicht oder meine Stimme gebraucht wird. Und welche anderen Aufgaben ich noch mehr abgegeben kann. Ich muss keinen Newsletter schreiben oder den Social Media Plan machen, dafür gibt es Menschen, die das viel besser können als ich.

Rausziehen also nicht. Eher im Gegenteil: Ich würde gerne wieder tiefer rein und wieder näher an die Community.