Wie wird frau Olympiasiegerin, Magdalena Neuner?

Madame Moneypenny meets Magdalena Neuner. Sie ist die erste Spitzensportlerin bei mir im Interview. Mit 18 hatte sie ihr Debüt im Weltcup, gewann in ihrer Weltcup-Karriere 2 olympische Goldmedaillen, 12 WM-Titel, 3-Mal die Weltcup-Gesamtwertung, 34 Einzelrennen und lief insgesamt 63 Mal aufs Podium. Mit diesen 63 Podiumsplatzierungen gehört sie zu den erfolgreichsten Sportlerinnen der Geschichte des Weltcups. Mit 25 Jahren verabschiedete sie sich vom Biathlon. Sie ist heute immer noch die erfolgreichste deutsche Biathletin aller Zeiten.

Hier gibt‘s das Gespräch mit Magdalena als Video:

Und hier gibt‘s das Ganze als Podcast.

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Natascha: Ich freue mich unglaublich mit einer so erfolgreichen Sportlerin wie dir sprechen zu dürfen. Lass uns gerne mal in deine Kindheit zurückgehen. Wie ist der Wunsch in dir gereift, Leistungssportlerin zu werden? Wolltest du das schon immer werden? Wann stand das für dich fest?

Magdalena: Meine Kindheit hat sich draußen abgespielt. Das war die Grundlage des Ganzen. In den Ferien sind wir morgens raus und erst abends, wenn es dunkel wurde, wieder nach Hause gegangen. Ich war immer gerne in Bewegung und habe mir als Kind schon Laufrunden gesucht, um joggen zu gehen. Mich zu bewegen, machte mir unglaublich Spaß. Mit 4 Jahren begann ich, Ski-Alpin zu fahren, was bei mir in der Gegend recht normal ist. Darin war ich ziemlich talentiert und es machte mir sehr viel Spaß. Mit 6 Jahren fing ich dann mit dem Langlauf an und bin darin aufgegangen. Ich freute mich regelrecht aufs Training, an dem auch meine Freund*innen teilnahmen. Mit 10-11 Jahren nahm ich Biathlon-Wettkämpfe im Fernsehen bewusst wahr. Ein einprägendes Erlebnis für mich war, als ich an meinem Geburtstag morgens ums 6 Uhr noch vor der Schule fernseh schauen durfte – und zwar das Einzel der Damen im Biathlon bei den Olympischen Spielen in Nagano. Uschi Disl gewann die Bronzemedaille. Ich freute mich total und sagte zu meinen Eltern: Es muss toll sein, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Da dachte ich innerlich: Wenn ich das mal schaffe könnte, das wäre mein größter Traum. Von diesem Zeitpunkt war für mich klar, dass ich Biathletin werden möchte. Klar klingt das in diesem Alter naiv. Trotzdem habe ich gesagt: Biathletin zu werden und an den Olympischen Spielen teilzunehmen, ist mein Traum. Da konnte niemand mehr etwas dran rütteln.

Über die Ausbildung zur Biathletin

Natascha: Größen wie Tiger Woods oder Oliver Kahn wussten auch schon früh, dass sie Spitzensportler werden wollten. In der Jugend ist es wahrscheinlich ein großes Commitment, das durchzuziehen und diesen Weg zu gehen. Wie lief deine Ausbildung zur Biathletin ab?

Magdalena: Als es darum ging, nach der vierten Klasse aufs Gymnasium zu gehen, entschied ich mich stattdessen auf die Hauptschule zu gehen und später auf die Realschule, um genug Zeit fürs Training zu haben. Beim Gymnasium wäre es schwieriger gewesen, das mit dem Training unter einen Hut zu bekommen. Und ein Skiinternat gab es in meiner Gegend nicht.

Bei der Berufsberatung in der Realschule musste ich meine Interessen angeben. Ich saß etwas teilnahmslos dabei, da ich schon wusste, was ich werden wollte. Meine Lehrer sagten mir, dass das verrückt sei und niemand Profi-Sportler würde. Ich machte dann tatsächlich ein Praktikum als Industriekauffrau. Es war die schrecklichste Woche in meinem Leben. Fürs Büro bin ich nicht gemacht.

Während der Realschulzeit hatte ich das erste Mal Autogrammkarten, da ich einen internationalen Wettbewerb gewonnen hatte. Für mich war es einfach klar, dass ich zum Sport gehen möchte.

Ein Jahr vor Abschluss der Realschule bekam ich eine Stelle beim Zoll. Es ist normal, sich bei einer Behörde (Polizei, Bundespolizei, Zoll oder Bundeswehr) zu bewerben, damit man die Sportförderung bekommt, um professionell Sport machen zu können. Somit wurde ich am ersten Tag nach meinem Realschulabschluss Profisportlerin. Ich zog es gegen viele Widerstände durch.

Da ich nicht auf einer Sportschule war, fehlte ich im Winter oft donnerstags und freitags in der Schule. Zum Glück unterstützte mich die Direktorin, auch weil ich eine gute Schülerin war und die Aufgaben von unterwegs erledigte. Ich zog die Schule durch und machte einen guten Abschluss. Meine Eltern unterstützen mich dabei immer.

Das Schöne der Sportförderung ist auch, dass man von der jeweiligen Behörde aufgefangen wird, sollte etwas schiefgehen. Wenn du dir beispielsweise als Profisportler das Knie verletzt. Da ist es extrem wertvoll, diese Behörden im Rücken zu haben, bei denen man in solchen Fällen seine Ausbildung und Karriere fortsetzen kann.

Über Zweifel und Selbstbewusstsein

Natascha: Ich kenne das von den Fußballer*innen, die alle bei der Polizei sind und nach ihrer Sportler*innen-Karriere dort weiterarbeiten. Hattest du in dieser Zeit jemals Zweifel? Gab es Phasen oder Momente, in denen du nicht sicher warst, ob du es schaffst oder ob es das wert ist?

Magdalena: In jungen Jahren gab es für mich keine Zweifel daran, dass ich es schaffen kann. Das lag daran, dass ich extrem erfolgreich war und in meiner Altersklasse alles dominierte. Dadurch hatte ich das nötige Selbstbewusstsein zu sagen: Wenn ich es nicht schaffe, wer dann?

Nach der Schulzeit durfte ich an der Juniorenweltmeisterschaft teilnehmen, war dort sehr erfolgreich und bin dann auch Juniorenweltmeisterin geworden. Meine Erfolge haben dazu beigetragen, nicht daran zu zweifeln. Trotzdem gab es natürlich Momente im Training, in denen ich mich fragte, wie ich mir das antun kann. Als Profisportlerin trainierte ich nach der Schulzeit zweimal am Tag und war oft sehr müde und kaputt. Daran musste ich mich am Anfang auch erstmal gewöhnen. Trotzdem konnte ich mir nichts Schöneres vorstellen. Ich dachte oft an mein Praktikum und sagte mir: Willst du lieber im Büro sitzen und Schrauben bestellen oder hier draußen sein und die Natur genießen? Es war ja nicht nur Qual und Training, sondern auch Genuss, dass ich draußen sein und die Natur genießen konnte. In jungen Jahren gab es keine Zweifel, erst später vielleicht.

Natascha: Viele können das vielleicht nicht nachvollziehen: Warum tut man sich das an? Würdest du sagen, das ist eine Disziplin- oder Willenssache? Warum hast du dir diese Qualen aufgebürgt und bist durch sie durchgegangen?

Magdalena: Ich konnte immer gut mit dem Schmerz umgehen. Es machte mir schon als Kind nichts aus, mich bei Wettkämpfen bis zum Äußersten zu quälen. Ich glaube, jeder ist anders konstruiert und jeder hat eine andere Schmerzgrenze. In anderen Bereichen bin ich vielleicht wehleidiger. Was aber das sich quälen im Wettkampf angeht, hatte ich einen Knopf, den ich drücken konnte, um nochmal über die Grenzen gehen konnte.

Rückblickend war das vielleicht eines meiner Erfolgsgeheimnisse: Die Fähigkeit, extrem ans Limit zu gehen. Da hat jeder seine eigenen Grenzen. Meine waren sicherlich sehr hoch. Ich konnte, wenn es sein musste, 120% geben. Das ist auch Kopfsache, dort spielt sich viel ab.

Es gab Momente, in denen ich dachte, ich kann nicht mehr. Dann aber sah ich die Gegnerin und in mir passierte etwas. Die pack ich noch, auch wenn ich danach nicht mehr aufstehen kann, dachte ich mir. Dahinter steckt, glaube ich, ein wahnsinniger Ehrgeiz.

Im Training gab es natürlich Tage, an denen ich damit nicht so gut umgehen konnte. Aber niemand ist jeden Tag gut drauf. Ich hatte das Glück, dass mein Trainer mich über meine gesamte Karriere hinweg begleitete. Er musste mich nur anschauen, um zu wissen, wie meine Stimmung war. An schlechten Tagen gab es die Möglichkeit, 3 Kilometer weniger zu machen. Es ist wichtig, auf sein Gefühl zu hören. Generell fragte ich mich immer: Würdest du jetzt irgendetwas anders oder lieber machen wollen? Denn natürlich war das der Beruf, den ich liebte. Und ich hatte ja auch ein Ziel vor Augen, das unglaublich motivierend war.

Über Mindset

Natascha: Ich predige auch immer, wie wichtig es ist, (finanzielle) Ziele zu haben. Wenn man nicht weiß, wo man hin will, muss man sich nicht wundern, dass man nirgends richtig ankommt. Das, was du gerade beschreibst, hört sich für mich nach einem Raubtiermodus an. Hast du an diesem Mindset aktiv gearbeitet?

Magdalena: Ich glaube, dass ich das schon immer konnte. Und ich auch ein gewisses Talent hatte, das man mitbringen muss. Als ich 2007 mit 19 zum ersten Mal Weltmeisterin wurde, suchte ich mir einen Mentaltrainer, mit dem ich auch heute noch zusammenarbeite.

Es gab Phasen in meiner Karriere, in denen ich innerlich weniger bereit war, mich zu quälen. In diesen Phasen beleuchtete ich die Hintergründe mit meinem Mentaltrainer. Warum ist das so? Haben sich meine Ziele verändert? Warum ist dieser innerliche Antrieb nicht da? Sowas ist manchmal sehr komplex, manchmal aber auch sehr einfach.

Nach zwei sehr erfolgreichen Jahren lief es 2009 nicht so gut. Bei der Weltmeisterschaft in Korea war ich zwischen Platz 4 und 10 unterwegs, aber nie auf dem Podest und gewann keine Medaille. Mir fehlte der innere Antrieb. Als ich dies mit meinem Mentaltrainer besprach, fanden wir heraus, dass es anstrengend ist, erfolgreich zu sein. Es bedeutet, als letzte im Hotel anzukommen, als letzte zu essen, als letzte zum Physiotherapeuten zu gehen, sich zuletzt ins Bett zu legen, um sich zu erholen, weil Pressekonferenzen anstehen und  jeder noch irgendetwas von dir wissen möchte. Es war sehr anstrengend und ich war dessen etwas müde. Nachdem ich 6 Mal Weltmeisterin in 2 Jahren geworden war, habe ich etwas Energie verloren. Ich merkte, dass der Wille zu gewinnen nicht mehr so stark war, weil mein Erfolg einen riesigen Rattenschwanz mit sich brachte.

Ich sortierte das schnell für mich neu, da 2010 die Olympischen Spiele anstanden. Das war schließlich mein großes Ziel, bei dem ich erfolgreich sein wollte. Ich befreite mich dann schnell wieder aus dieser kleinen Tiefphase.

Ich merkte das auch körperlich, da ich in dem Jahr ständig krank war. Es war mir alles etwas zu viel. Ich besann mich dann wieder auf meine Ziele. Wie du vorhin meintest, ist es unglaublich wichtig zu wissen, wo man hin will. Das fehlte mir 2009. Klar, das Ziel Weltmeisterin zu werden, war immer da, aber irgendwie war ich innerlich nicht hundertprozentig darauf eingestellt.

Das war der Auslöser dafür, dass ich ab 2010 selbstbewusst mit meinen Zielsetzungen umging.

Vor den Olympischen Spielen sagte ich klar, dass ich Olympiasiegerin werden möchte. Einige Menschen bezeichneten mich deshalb als eingebildet. Sie fanden es überheblich, dass ich mit 22 bei meinen ersten Olympischen Spielen Olympiasiegerin werden wollte.

Für mich war es wichtig, mir diese Ziele zu setzen, sie klar zu formulieren und auch etwas Druck von außen zu schaffen. Um dann eben keine Ausreden zu haben.

Über die Umsetzung von Zielen

Natascha: Klare Ziele scheinen einer deiner Erfolgsfaktoren zu sein. Welches ist deine Mechanik zur Umsetzung deiner Ziele? Arbeitest du beispielsweise mit Visualisierungen oder schreibst du deine Ziele auf?

Magdalena: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Vor den Wettkämpfen arbeiteten wir viel mit Visualisierungen. Da stellte ich mir vor, auf dem Podest zu stehen und wie es sich anfühlt, die Medaille in der Hand zu halten. Außerdem versuchten wir den Wettkampf mit Visualisierungen von Anfang bis Ende immer wieder durchzuspielen. Was passiert und wie fühlt es sich an. Das Gefühl ist dabei super wichtig. Also nicht nur zu visualisieren, sondern zu fühlen. Beispielsweise: Wie fühlt es sich an, am Start zu stehen? Wie fühlt es sich auf den ersten Kilometern an? Wie fühlt es sich an, in den Schießstand zu laufen? Wenn ich zum Beispiel vor dem Schießstand ein Unsicherheitsgefühl empfand, arbeiteten wir direkt daran. Was könnte der Grund für dieses Unsicherheitsgefühl sein?

Natürlich weißt du nicht, was die Konkurrenz machen wird. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, wie du dich im Wettkampf fühlen möchtest.

Ein Highlight für mich, das mir zeigte, dass diese Arbeit wirklich etwas bringt, war der Massenstart bei den Olympischen Spielen. Den bereiteten wir lange vor und ich stellte mir immer wieder vor, wie es sich anfühlen soll. Ich hatte das Gefühl, die meiste Zeit des Rennens im Mittelfeld zu laufen, beim letzten Schießen null zu schießen und mir den Olympiasieg zu holen. Es war im Wettkampf dann wirklich so, dass ich immer in der Masse war und mich Stück für Stück nach vorne arbeitete. Beim letzten Schießen schoss ich die null und holte mir den Olympiasieg. Das sorgte auch im Nachhinein bei mir noch für Gänsehaut-Momente. Ich bin schon ein wenig spirituell geworden durch die ganzen Jahre, die ich erlebt habe. Es ist Wahnsinn, wie viel Einfluss man auf diese Dinge hat, wenn man es wirklich will und es vorbereitet. Natürlich weiß man nicht, was die Konkurrenz macht, einige der Favoriten schossen vielleicht einen Fehler. Das gehört auch dazu und sind dann alles Puzzleteile, die dazu führten, dass ich erfolgreich war. Ich bin stolz, dass ich schon mit 22 Jahren verstand, dass der Kopf das Entscheidende ist.

Natascha: Weißt du, ob das andere auch gemacht haben oder war das dein Alleinstellungsmerkmal? War es damals gängig? Ist es das heute?

Magdalena: Damals war es nicht gängig und immer mal wieder ein Streitthema. Ich machte und finanzierte es privat. Für den Deutschen Skiverband und meine Nationaltrainer war es immer ein Thema. Sie hatten ein Problem damit, dass ein Dritter von außen mit rein arbeitet. Ich telefonierte abends 1-2 Stunden mit meinem Mentaltrainer. Es war wichtig für mich, Dinge, die mich beschäftigten, zu verarbeiten und einen unabhängigen Menschen zu haben, der sich für mich interessiert und mir weiterhilft. Der Partner oder die Familie sind immer ein wenig befangen.

Heute ist es völlig normal, mit Unternehmenscoaches oder Mentaltrainer*innen zu arbeiten, aber vor 10-15 Jahren wurde mit den Augen gerollt. Erst in meinen letzten Jahren bzw. als ich schon aufgehört hatte, merkte ich, dass das Thema Mentaltraining mehr in den Fokus rückte. Nach meiner Karriere hatte ich ein Gespräch mit dem Deutschen Skiverband, weil ich es öffentlich angekreidete, dass Mentaltraining dort keinen Platz habe. Nach unserem Gespräch stellte der Deutsche Skiverband einen Mentaltrainer ein. Leider wurde er von den Sportlern nicht so genutzt. Gleichzeitig ist es schwierig, einen Mentaltrainer für alle zu haben, da jeder Mensch andere Bedürfnisse hat. Trotzdem fand ich es gut, dass Bewegung in dieses Thema kam.

Gerade beim Biathlon, wenn du am Schießstand stehst und weißt, dass dir gerade 20.000 Menschen zuschauen, ist die mentale Fähigkeit unglaublich wichtig.

Natascha: Ich finde deine Geschichte ein schönes Beispiel dafür, dass man die Extrameile gehen muss, wenn man große Ziele hat. Um Olympiasiegerin zu werden, reicht es nicht, den Körper zu trainieren. Da muss man mehr machen und andere Wege gehen. Das war in deinem Fall auch ein Stück Pionierarbeit. Das finde ich echt toll und inspirierend.

Magdalena: Für mich war es eine große finanzielle Investition. Ich habe viele tausend Euro dafür bezahlt. Manchmal muss man in Dinge investieren, weil man daran glaubt, dass es funktionieren kann. Man muss den Mut haben, zu sagen, ich gehe ein gewisses Risiko ein, indem ich investiere. Es gab auch Menschen in meinem Umfeld, die sich gefragt haben, wie man so viel Geld dafür ausgeben kann. Als mein Mann einmal die Rechnung meines Mentaltrainers auf dem Tisch liegen sah, fragte er mich, ob ich wahnsinnig sei, so viel Geld dafür auszugeben.

Aber für mich war es eine Investition in mich und meine Karriere. Die Stunden mit meinem Mentaltrainer nutze ich sehr gut und arbeitete akribisch. Für mich lohnte es sich, da ich dadurch sehr erfolgreich war. Es war definitiv eine gute Investition, dank der ich jetzt das Leben leben kann, das ich lebe.

Über das Umfeld

Natascha: Love it! Investition in sich selbst ist auch in meiner Community ein großes Thema. Was ich auch super spannend finde, an dem, was du gesagt hast, ist das Thema Umfeld. Hast du dein Umfeld aktiv gemanagt oder geändert? Wie viel Aufmerksamkeit hast du diesem Thema gewidmet?

Magdalena: Viel und das bis heute. Als ich in meiner Sportlerzeit das erste Mal richtig erfolgreich war, wandte sich das Team ein stückweit von mir ab. Ich glaube, das ist normal in einem Damenteam. Ich war 10 Jahre jünger als andere aus dem Team, erfolgreich und machte die Dinge dann auch noch anders – mit einem Mentaltrainer. Das war schon etwas schwierig. Bei den Olympischen Spielen war ich komplett alleine, keiner sprach mit mir. Ich konnte damit umgehen, weil meine Eltern vor Ort waren. Es war für mich sehr wichtig, mit jemandem sprechen zu können, da die Konkurrenzsituation so stark war. Ich mache den Mädels aber überhaupt keinen Vorwurf. Ich habe zu vielen von ihnen heute ein gutes und freundschaftliches Verhältnis. Ich verstehe, wie schwer es für sie gewesen sein muss, dass es jemand scheinbar so leichtfüßig macht.

Es war für mich eine gute Schule zu lernen, dass sich viele Menschen von einem abwenden können, wenn man erfolgreich ist. Ich habe gelernt zu hinterfragen,  was andere  Menschen von mir wollen. Es gibt eine Übung aus der gewaltfreien Kommunikation, die ich sehr hilfreich finde und bei der man „Aus den Augen des anderen guckt”. Bei dieser Übung betrachtet man die Situation von außen und versetzt sich in den anderen hinein, um sich selbst durch die Augen des anderen zu sehen. Das hilft unheimlich dabei zu verstehen, dass ein und dieselbe Situation von einer anderen Person ganz anders wahrgenommen werden kann. Dank dieser  Übung konnte ich mit den Menschen in meinem Umfeld besser umgehen.

Das mentale Training stieß bei mir zu Hause auf geteilte Meinungen. Manche fanden es zu spirituell oder dachten, ich mache Humbug. Ich habe dann weniger über das Thema gesprochen und es eher für mich behalten.

Es gab immer wieder Situation in meinem Leben, in der einige Menschen der Meinung waren, dass ich falsche Entscheidungen treffe. Als ich mitteilte, meine Karriere zu beenden, gab es Personen, die sagten: Wie kannst du nur mit 25 Jahren alles hinschmeißen? Ich wusste aber, dass die Entscheidung die richtige ist. Ich hatte mir 2 Jahre lang Gedanken darüber gemacht, sie aber auch aus dem Herz und dem Gefühl heraus getroffen.

Natürlich verlierst du da Menschen, dafür kommen aber Neue dazu und dann gibt es Menschen, die 5 Jahre später sagen: Im Nachhinein hast du wahrscheinlich doch die richtige Entscheidung getroffen.Letztendlich lehrte mich alles, was ich bisher erlebte, dass es wichtig ist, auf sich selbst zu hören. Natürlich befrage ich Menschen in meinem Leben wie meine Eltern, meinen Mann oder enge Freunde. Die Entscheidung treffe ich aber immer selbst. Bei Entscheidungen gibt nie richtig oder falsch: Man muss für sich selber einordnen, ob es sich gut anfühlt und was man möchte.

Vor 2 Jahren trennte ich mich von meinem Management, da sie meinten, dass ich im geschäftlichen Bereich noch mehr Gas geben muss. Ich habe aber auch zwei kleine Kinder und vielleicht ist jetzt auch einfach mal die Zeit, sich mehr um Familie und die wichtigen Dinge im Leben zu kümmern. Ich entschied mich, es alleine zu machen und mich darauf zu konzentrieren, was für mich wichtig ist. So verliert man manche Menschen, aber es tun sich auch wieder neue Möglichkeiten auf. Ich glaube, dass es ganz normal ist, dass Menschen kommen und gehen.

Natascha: Für mich hat das viel mit Weiterentwicklung zu tun. Wenn ich immer nur im gleichen Umfeld mit den gleichen Leuten bin, geschieht wahrscheinlich auch nur wenig Weiterentwicklung. Es gibt diesen Spruch, dass wir der Durchschnitt der 5 Menschen sind, mit denen wir am meisten Zeit verbringen.

Sprechen wir über dein Karriereende. Damals warst du 25 und du sagtest gerade, dass du es 2 Jahre plantest. Das heißt, du hast mit 23 schon dein Karriereende geplant. Warum?

Magdalena: Der ausschlaggebende Punkt waren die Olympischen Spiele 2010. Es war immer mein großes Lebensziel gewesen, an diesen teilzunehmen und Olympiasiegerin zu werden. Das erreichte ich. Als ich von den Olympischen Spielen wieder nach Hause kam, hatte ich einen richtigen Tiefpunkt und trainierte auch bis Juni nicht. Ich war kaputt und müde und fand für mich kein neues Ziel. Immer wieder rief ich meinen Trainer an und sagte, dass ich noch nicht bereit war, ins Training zu kommen. Es war keine Motivation da. Ich hatte meine Sportlerkarriere bis 2010 geplant, mir aber über die Zeit danach keine Gedanken gemacht. Ich machte mir in dieser Zeit viele Gedanken und dachte auch zum ersten Mal darüber nach, wie lange ich das noch machen würde. Ich spürte, dass es nicht ewig dauern würde, bis ich etwas Neues machen würde. Mir war klar, dass ich keine Olympischen Spiele mehr mitmachen würde. Es war für mich großartig, diese Erfolge zu feiern, aber ich fand es nicht wahnsinnig schön, bei den Olympischen Spielen zu sein. Ich glaube, die wenigsten Menschen können sich vorstellen, was dort wirklich hinter den Kulissen abläuft. Es ist bei Weitem nicht dieses feierliche, tolle Familienevent, das man im Fernsehen sieht. Es war super anstrengend und ich fand es teilweise auch nicht schön.

Über die Olympischen Spiele

Natascha: Meinst du die Gegebenheiten drum herum? Ich habe mal gelesen, dass die Unterbringung und das Essen nicht so gut sind.

Magdalena: Das Essen war echt ok. Aber wir waren in unserem olympischen Dorf eingesperrt. Ich fand es spannend, das mal mit zu erleben und habe es in vielen Momenten auch total genossen, fand es gleichzeitig aber auch sehr befremdlich. Die Momente zum Beispiel, nachdem ich einen Wettkampf gewann und am Arm genommen und durch den Pressekorridor gezogen wurde, um ein Interview und eine Pressekonferenz nach der nächsten zu geben.  

Die Medal Ceremony war natürlich total schön, wenn du da oben stehst und die deutsche Nationalhymne hörst. Es gibt nichts Besseres. Trotzdem gab es Enttäuschungen. Auf dem Weg zur Ceremony versuchte ich Karten für meine Eltern zu organisieren. Meine Trainer versprachen mir, sich darum zu kümmern, aber im Endeffekt bekamen meine Eltern keine Karten. Menschlich fand ich es in vieler Hinsicht sehr enttäuschend, weil der Mensch nichts zählt. Dein Erfolg zählt, aber du als Mensch hinter diesem Sportler bist in diesem Moment nichts Wert.

Im deutschen Haus schüttelten dir dann gefühlt 7 Millionen Menschen die Hände. Ich fiel um 3 Uhr morgens ins Bett und war einfach nur kaputt. Am übernächsten Tag steht gleich wieder ein Wettkampf an, bei dem man erfolgreich sein möchte.

Vielleicht gibt es Sportler*innen, denen das nichts ausmacht, die das wegstecken. Da bin ich vielleicht zu zart besaitet. Ich bin mir selbst aber auch zu viel Wert, als dass ich das gerne mit mir machen lasse. All diese Dinge, die ich da erlebt habe, veranlassten mich zu sagen: Die Olympischen Spiele werde ich nicht mehr mitmachen. Dann war klar, dass es nicht mehr lange sein würde, bis ich aufhöre.

2012 waren die Weltmeisterschaften in Ruhpolding und ein Sieg dieser mein erklärtes Ziel. Denn die Weltmeisterschaft im eigenen Land ist natürlich toll. Dort wollte ich meine Karriere beenden. Dieses Ziel setzte ich mir bereits 2010 nach den olympischen Spielen und arbeitete sehr akribisch und hart darauf hin. Ich hatte nochmal zwei richtig schöne Sportlerjahre, weil ich es sehr bewusst machte. Gerade das letzte Jahr war für mich eines der Schönsten. Ich ging jeden Tag dankbar ins Training. Ich genoss es, freute mich aber gleichzeitig auf das Leben danach.

Ich war immer davon überzeugt, dass das, was danach kommt, gut wird und dass etwas kommt, das zu mir passt. Im Nachhinein bereue ich nichts.

Natascha: Total spannend. Ich musste daran denken, was du am Anfang des Gesprächs gesagt hast: Dass du die Qualen im Sport akzeptierst, aber nicht überall. Es ist wichtig, Grenzen zu ziehen, wenn man nicht so behandelt wird, wie man sich das wünscht. Respekt dafür, es klingt sehr gesund. Ich kann mir vorstellen, dass viele wollten, dass du weiter machst, da da ja auch viel Geld dran hängt.

Magdalena: Das ist ein Thema, das mich weiterhin stark beschäftigt: Wie viel Mitspracherecht haben andere Menschen in meinem Leben? Ich hatte immer schon ein Problem damit, bevormundet zu werden. Meinem Trainer konnte ich beispielsweise immer auf Augenhöhe begegnen, auch wenn er für mich eine Respektsperson und mein Vorgesetzter war.

Ich habe ein Problem damit, wenn Menschen meinen, sie müssen über meinen Kopf hinweg entscheiden, was gut und was schlecht wäre. Deswegen trennte ich mich von meinem Management. Wir hatten andere Vorstellungen davon, was ich tun sollte.

Ich arbeitete in den letzten Jahren extrem viel an Selbstliebe. Mich selbst zu akzeptieren und auch zu verstehen, was ich in meinem Leben brauche, um gesund und glücklich zu sein – auch mit meiner Familie. Wenn es dir nicht gut geht, geht es deinem Umfeld auch nicht gut. Gerade bei den Kindern merkt man das total. Es ist für mich eine Lebensaufgabe, genau zu beleuchten, ob ich etwas wirklich tun möchte oder nicht.

Vielleicht ist das auch ein Frauenthema, das wir weniger selbstbewusst mit solchen Entscheidungen umgehen. Ich möchte das nicht verallgemeinern, aber ich glaube schon, dass wir Frauen eher dazu neigen, uns etwas sagen zu lassen. Ich habe geschäftlich vor allem mit Männern zu tun und weil ich oft andere Ansätze oder Gedanken zu den Themen habe, muss ich mich mit vielen Dingen durchsetzen. Immer mal wieder bekomme ich mit, dass es Frauen schwerer fällt klar ‘Nein zu sagen’ und einzufordern, was wir möchten und uns zusteht.

Über Selbstbewusstsein außerhalb des Sports

Natascha: Absolut! Das glaube ich auch. Gerade in Männerdomänen. Das fängt bei der Erziehung schon an: Jungs sollen sich auf dem Klettergerüst austoben und Abenteuer erleben und die Mädchen ihr Kleid anziehen und es nicht dreckig machen.

Du hast am Anfang des Gesprächs gesagt, dass dein Selbstbewusstsein durch die Erfolge kam. Wie steht es außerhalb des Sports mit deinem Selbstbewusstsein? Hast du daran aktiv gearbeitet?

Magdalena: Ich musste daran arbeiten, weil ich merkte, dass ich sonst dort untergehe. Ich hatte sicher im Sport das größere Selbstbewusstsein und fühlte mich in anderen Dingen unsicherer. Was auch ja klar ist, denn im Sport war ich der Profi, in anderen Dingen vielleicht nicht so sehr. Ich beschäftigte mich aber aktiv mit vielen anderen Dingen und hinterfragte vieles. Ich las viel und tauschte mich mit meinem Mentaltrainer aus. Ich nahm dann meinen ganzen Mut zusammen und trennte mich von meinem Management – auch nachdem mir gesagt wurde, dass ich es nie alleine schaffen würde, da ich mich nicht damit auskenne. Dadurch wurde meine Motivation noch größer, es wirklich zu schaffen. Jetzt mache ich es auf meine eigene Art und Weise.

Ich bin mir meiner Erfolge bewusst und finde, dass man darauf auch mal stolz sein kann. Man darf auch ruhig mal sagen: Ich bin happy mit dem, was ich mir erarbeitet habe. Und das habe ich. Es war viel harte Arbeit. Dementsprechend selbstbewusst gehe ich jetzt auf meine Geschäftspartner zu. Sicherlich führe ich die Gespräche anders als es ein Management machen würde, vielleicht auch auf einer emotionaleren Ebene. Schon aber mit dem Selbstbewusstsein, wer ich bin und was ich erreicht habe. Damit fahre ich gut und die Entscheidung, die ich vor 2 Jahren traf, stellte sich als richtig heraus.

Auch, wenn das bedeutete, dass ich mich wirtschaftlich “downshiftete“, weil ich bewusst viele Projekte auslaufen ließ und einige Geschäftsbeziehungen beendete, um mal wieder atmen zu können und Raum für andere Dinge zu haben.

Manchmal muss man Beziehungen loslassen, damit andere Dinge kommen – auch im Geschäftlichen.

Ich glaube stark an das Gesetz der Anziehung und dass die Dinge in dein Leben kommen, die dann zu dir passen. Deswegen sind Veränderungen wichtig, nicht auf der Stelle zu treten, sondern immer wieder Platz für neue Dinge zu machen.

Dadurch, dass alles klappte, holte ich mir dort auch dieses Selbstbewusstsein. Vielleicht noch nicht ganz so stark wie im Sport, aber im Grunde ja. Es passierten einfach ein paar Dinge, bei denen ich sagte, dass ich stolz auf mich bin, dass ich mich getraut habe, das zu machen.

Natascha: Das finde ich einen spannenden Punkt: Sich auch zu trauen. Denn selbstbewusst wird man nicht, in dem man auf dem Sofa sitzt, mit dem Finger schnippst und sagt, jetzt bin ich selbstbewusst. Sondern, in dem man Entscheidungen trifft. Klar, die können dann gut gehen oder halt nicht. Was aber definitiv nichts Gutes bringt, ist Inaktivität. Der Anfangspunkt ist es, mutig zu sein, rauszugehen und die Dinge selbst in die Hand zunehmen. Du hast einfach darauf vertraut, dass etwas Neues kommt. Das finde ich auch spannend: Man muss nicht immer alles geplant haben. Das habe ich auch in den letzten Jahren gelernt. Es kann hemmend sein, wenn man denkt, dass man den nächsten Schritt immer schon geplant haben müsste, um eine Entscheidung zu treffen.

Wie waren deine Gedanken zu diesem Zeitpunkt zu deiner Zukunft? Wie sieht dein Leben heute aus?

Über Magdalenas Leben heute

Magdalena: Ich habe mir ein gewisses Urvertrauen angeeignet. Obwohl ich meine Ziele habe, sag ich mir manchmal, die Dinge, die passieren sollen, tun es dann auch. Ich glaube man muss schon immer im Tun bleiben, aber es ist auch gut darauf zu vertrauen, dass es gut wird.

Aktuell ist mein Leben eigentlich genauso so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe zwei gesunde Kinder, der Große geht in die Schule, der Kleine ist 4. Ich bin immer noch Geschäftsfrau, aber genau auf dem Level, auf dem es mir noch gut tut. Ich bin finanziell komplett unabhängig. Ich weiß, dass ich für später abgesichert bin. Ich habe in den letzten Jahren ein bisschen investiert. Ich habe das Gefühl, angekommen zu sein, auch wenn der Sport mir ein bisschen fehlt. Ich würde gerne wieder ein bisschen mehr machen. Im Großen und Ganzen bin ich super happy und froh, dass die Dinge so gekommen sind.

Ich weiß, dass die Corona-Krise und das Jahr 2020 für viele Menschen sehr schwer war und immer noch ist. Für mich ganz persönlich war es aber auch positiv. Denn viele Termine fielen aus. Ich hatte somit noch mehr Zeit, mir klar zu werden, was wirklich noch wichtig ist in meinem Leben und was in Zukunft vielleicht gar nicht mehr so relevant ist. Es war für mich ein gutes Jahr, um mich zu sortieren.

Ich arbeite noch mit 5 großen Werbe- und Geschäftspartnern zusammen in ganz verschiedenen Projekten und Branchen. Das ist das Schöne an meinem Beruf, dass ich so viele verschiedene Berufe habe. Ich arbeite für die ARD als Co-Moderatorin und Expertin. Ich bin Geschäftspartnerin bei Firmen wie Adidas, wo ich auch Mitspracherecht habe. So fragen sie mich zum Beispiel: Wie findest du den Schuh, ist er gut und bequem? Beim Autohersteller darf ich dann mal Autos ausprobieren. Es ist total abwechslungsreich, schön und macht so viel Spaß. Ich habe jetzt genau die Partner, die zu mir passen, auch menschlich. Und ich habe total viel Zeit für meine Kinder und meine Familie. So bin ich auch aufgewachsen, meine Mutter war da und hat mit uns Plätzchen gebacken und hat es uns zu Hause schön gemacht. Ich mag es, wenn meine Kinder mittags nach Hause kommen, es etwas Warmes zum Mittagessen gibt und wir nachmittags etwas zusammen unternehmen. Das ist für mich echt schön. Vormittags mache ich meine Sachen und nachmittags was mit den Kindern. Und eigentlich wollte ich genau hier hin.

Natascha: Das klingt total schön und hast du dir redlich verdient.

Magdalena: Man tut ja auch selbst etwas dafür. So wie man sich etwas vorstellt oder die Wege bereitet, so kommt es dann auch. Und manchmal sind Dinge, die ein bisschen anders kommen, vielleicht sogar noch besser, als das, was man, sich vorgestellt hat. Wichtig ist auch die Offenheit zu sagen: Ich habe dieses Ziel aber mal schauen, wie dieses Ziel dann in Wirklichkeit aussieht.

Über Geld und Finanzen

Natascha: Lass uns über Geld sprechen. Du hast erzählt, wie du heute Geld verdienst. Was waren deine Einkommensströme während deiner aktiven Sportlerkarriere?

Magdalena: Als Sportler*in hat man verschiedene Einnahmequellen

– angestellt bei der Behörde, das ist der Sicherheitsgrundstock. Das ist Geld, das dir für Ausgaben des täglichen Lebens wie Miete und Lebensmittel Sicherheit bietet.

– über Erfolge kann man Preisgelder verdienen, auch wenn die natürlich nicht so hoch sind wie bei Golf- oder Tennisspieler*innen. Es gibt 10.000 Euro für einen Weltcup-Sieg, das finde ich aber trotzdem schon sehr beachtlich.

– Preisgelder vom Skiverband, wenn du Weltmeister*in wirst.

– Sponsoren. Die sind von Sportler*in zu Sportler*in unterschiedlich. Ich war da immer gut aufgestellt. Die Partner, mit denen ich heute noch zusammenarbeite, sind meine Partner aus der Anfangszeit. Das sind gewachsene Geschäftsbeziehungen. Sponsoren sind die Haupteinnahmequelle, mit der man wirklich Geld verdient. Das hängt aber natürlich damit zusammen, wie erfolgreich man ist. Das wird auch in vielen Verträgen so gehandhabt, dass es ein Staffelungsmodell gibt, je nach Erfolg.

Natürlich hat man kein fixes Einkommen über das Jahr hinweg. Aber ein stückweit hat man es selbst in der Hand, wie groß es ausfällt. Wenn man in den Top 10 des Weltcups unterwegs ist, kann man gut verdienen.

Natascha: Klingt breit diversifiziert. Wie bist du damit umgegangen, für die Zukunft zu sparen? Als du mit 25 deine Sportlerkarriere beendet hast, wie waren deine finanziellen Gedanken dahinter?

Magdalena: Ich habe das große Glück, dass mein Vater Banker ist. Er hat eine sehr gute Einstellung zu Geld und mich in dieser Hinsicht immer unterstützt. Deswegen bin ich auf diesem Gebiet relativ entspannt. Bei größeren Investitionen frage ich ihn gelegentlich um Rat. Als ich letztes Jahr einen Garten für unser neues Haus anlegen lassen wollte, der ziemlich teuer war, rief ich meinen Vater an und fragte ihn: Geht das noch? Woraufhin er antwortete: Na klar, das ist doch für eure Lebensqualität.

Man hat das Geld eben auch, damit man sich solche schönen Dinge kaufen kann.

Natascha: Hast du mit dem Geld, das du in deiner aktiven Sportlerkarriere verdienst hast, ausgesorgt?

Magdalena: Nein. Aber mein Mann und ich haben auch in ein sehr schönes Haus investiert. Mit 2 Kindern und den Lebenshaltungskosten, die so anfallen, plus die Kosten für das Haus, möchte ich mich nicht auf die faule Haut legen.

Ich habe diese Woche eine Rentenversicherung abgeschlossen, weil ein Bausparvertrag ausgelaufen ist. Ich lege mein Geld gleich wieder an, damit später vielleicht auch für die Kinder etwas übrig bleibt. Mir geht es nicht darum, in Saus und Braus zu leben und das tun wir auch nicht.

Ich denke aber sehr im Voraus. Ich bin jetzt 33 und hoffe, dass ich 95 werde. Das Leben ist also noch lang. Ich will mich nicht auf die faule Haut legen und ich glaube auch nicht, dass ich es mir schon leisten kann. Das ist vielleicht Ansichtssache. Aber ich möchte, dass wir uns weiterhin gewisse Dinge leisten können, wie einmal im Jahr mit den Kindern in den Urlaub zu fahren. Dass wir sorgenfrei leben können.

Ich habe das große Glück, dass mein Mann selbstständig ist und eine eigene Firma hat. Das gibt auch nochmal Sicherheit.

Trotzdem bin es gewohnt, für mich selbst zu sorgen. Mir ist es wichtig zu wissen, dass ich auch alleine durchkommen würde. Die Eigenständigkeit finde ich wichtig. Klar, wenn der Mann irgendwann die Familie versorgt, ist das für mich auch ok, trotzdem möchte ich gerne für die Dinge selbst verantwortlich sein.

Natascha: Sehr schön. Ich habe noch eine letzte Frage aus der Community: Was ist dein größtes persönliches Learning über das Leben aus deiner Profisportzeit?

Magdalena: Jetzt kommt die Floskel, die alle schon tausendmal gehört haben, aber es ist tatsächlich so. Gerade aus den schwierigsten und blödesten Situationen und aus den härtesten Erlebnissen lerne ich am Allermeisten. Natürlich sagt man das immer so, aber es stimmt wirklich. Ich fragte mich oft, warum man solche Situation erleben muss. Ich hatte auch ein paar unschöne Situationen mit Menschen, das war für mich wirklich schwer. Auch die Anfangszeit in der Sportkarriere. Ich hatte schon in sehr jungen Jahren einen Burnout, wo ich nicht mehr aus dem Bett kam. Gerade diese Momente brachten mir im Nachhinein am Allermeisten. Durch sie entwickelte ich diese starke Selbstliebe. Dadurch weiß ich, was ich wirklich möchte, was nicht. Wäre alles immer rund gelaufen, hätte ich mich vielleicht weniger anstrengen und über manche Dinge keine Gedanken machen müssen. Ich bin sehr dankbar, dass ich mir diese Gedanken machen musste – auch die Unangenehmen.

Viele Menschen, die mich vielleicht nicht so gut kennen, denken bei mir wäre immer alles rund gelaufen und dass der Erfolg selbstverständlich war – und das war es definitiv nicht.

Ich glaube, dass jeder erfolgreiche Mensch schon mal richtig schwere Zeiten durchgemacht hat. Und das bringt uns wirklich weiter, auch wenn es in dem Moment schwer ist zu greifen und den Sinn dahinter zu verstehen.

Natascha: Ich fand es gar nicht floskelig. Es geht nicht immer bergauf, so ist das Leben einfach nicht. Ich kenne keinen einzigen erfolgreichen Menschen auf der ganzen Welt, der gesagt hat, ja klar, es war total easy. Das war nochmal ein richtig schöner Peptalk zum Ende. Vielen vielen Dank Magdalena!

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