Geniale Frauen – Louise Otto-Peters

Wer sich mit den ersten großen Kämpferinnen der Frauenbewegung in Deutschland beschäftigt, der kommt an dem Namen Louise Otto-Peters nicht vorbei. Mitte des 19. Jahrhunderts rüttelt die Schriftstellerin und Aktivistin wie besessen am übermächtigen Patriarchat, gibt Frauen in ihren Texten eine Stimme und setzt sich für mehr Gleichberechtigung ein – scheinbar ohne jemals dabei müde zu werden.  

Im 19. Jahrhundert weht noch ein ganz anderer Wind für Frauen, die meinen, sie müssten sich gegen das System auflehnen. Ratzfatz gilt man da als Staatsfeindin und wird von der Regierung schikaniert.

Trotzdem veröffentlicht Louise Otto-Peters zu Lebzeiten etwa 60 Bücher, Romane, Essays, Sachbücher, Gedichte, Zeitungsartikel: Als Autorin und Journalisten beackert sie quasi jede Form des Schreibens – Hauptsache ist, die Menschen, vor allem Frauen, bekommen irgendwie ihre revolutionären Botschaften mit.

Ein berühmtes Zitat von Louise Otto-Peters von 1843 lautet zum Beispiel: „Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen.“ Hört, hört! Vor allem, wenn man bedenkt, dass Frauen im 19. Jahrhundert eigentliche keine Rechte haben. Ehefrau und Mutter sein – das ist angesagt. Nur die ganz armen Frauen aus der Unterschicht dürfen, oder eher müssen, zum Beispiel auf den Feldern oder in Spinnereien und Webereien schuften.

Louise Otto-Peters’ einschneidender Aha-Moment

Auf einer Durchreise, beobachtet Louise Otto-Peters selbst zufällig die erbärmlichen Arbeitsbedingungen für Frauen aus dem Proletariat. Dies soll einer ihrer prägendsten Aha-Momente gewesen sein – das zumindest sagen Historikerinnen heute. Louise Otto-Peters selbst stammt nämlich aus gutbürgerlichen, wohlhabenden Verhältnissen. Doch ein paar Details in ihrer Biografie weisen schon früh daraufhin, dass sie später einen ungewöhnlichen Weg einschlägt.

Louise Otto-Peters wird am 26. März 1819 in Meißen bei Dresden geboren. Sie ist die jüngste von fünf Töchtern. Ihr Vater, der mit Vornamen – kein Scherz –  Fürchtegott heißt, ist Gerichtsdirektor, später auch Senator. Nicht so verwunderlich also, dass zu Hause in der Familie mit Mutter Charlotte und den Kindern auch über Politik gesprochen wird.

Durchaus ungewöhnlich ist hingegen, dass Louise Otto-Peters Eltern sie so lange zur Schule gehen lassen, wie es nur geht. Dafür verschieben Fürchtegott und Charlotte sogar die Konfirmation der Tochter um ein Jahr – nach diesem evangelischen Ritual ist zu der Zeit nämlich definitiv Schluss mit Schule für Mädchen. Aber Louise lernt anschließend einfach autodidaktisch weiter, hängt oft in der Dresdner Hofbibliothek ab und liest unter anderem Sachen von Schiller.

Private Schicksalsschläge in Louise Otto-Peters’ Leben

Aber wie in jeder spannenden Geschichte wartet der erste Schicksalsschlag nicht lange auf sich: Als Louise Otto-Peters 16 Jahre ist, sterben ihre beiden Eltern nur kurz nacheinander. Immerhin erbt die Vollwaisin von Vater Fürchtegott und Mutter Charlotte so viel Geld, dass sie zunächst finanziell unabhängig ist und sich den Luxus erlauben kann, weiter zu lesen, zu schreiben und ihre politischen Ansichten zu schärfen.

Und dann kommt aber nochmal so ein persönlicher Hammerschlag im Jahr 1841: Als Louise Otto-Peters 22 ist, stirbt ihr erster Verlobter Gustav Müller, ein Anwalt und Dichter. Das ist wahrscheinlich so ein Punkt im Leben, an dem manche Menschen depressiv werden und andere Menschen einen überdurchschnittlichen Kampfgeist entwickeln. Louise Otto-Peters gehört wohl zur zweiten Gruppe.

Die „Frauen-Zeitung“: Ein publizistischer Knaller

Jedenfalls schreibt und schreibt Louise Otto-Peters wie eine Wahnsinnige, zuerst Gedichte, dann Romane und journalistische Texte. Immer im Mittelpunkt: starke weibliche Figuren. Teilweise veröffentlicht sie ihre Artikel unter dem Pseudonym Otto Stern. Sie verdient sogar Geld mit ihren Büchern. Und wie schafft sie das alles? Weil sich Louise Otto-Peters richtig gut vernetzt mit Verlegern und anderen Autoren, die ähnlich ticken wie sie.

1849, mitten in der Deutschen Revolution, gründet Louise Otto-Peters die sogenannte „Frauen-Zeitung“ – ein Blatt, in dem es ausschließlich um die privaten und politischen Interessen von Frauen geht. Ein publizistischer Knaller natürlich. Aber nur ein Jahr später verbieten ihr die Mächtigen in Sachsen die Herausgabe von Zeitungen. Louise Otto-Peters versucht, vom thüringischen Gera aus ihre Arbeit weiterzumachen. 1853 ist allerdings Schluss mit der Frauen-Zeitung.

Aufstehen, weitermachen

In ihrem späteren Ehemann August findet Louise Otto-Peters einen neuen Verbündeten. Das Paar verlobt sich im Gefängnis, weil der Schriftsteller wegen Revolutionskämpfen sieben Jahre einsitzen muss. Zurück in Freiheit arbeiten sie ab 1859 zusammen in Leipzig bei der „Mitteldeutschen Volks-Zeitung“. Aber nur fünf Jahre später stirbt August. Privat scheint Louise Otto-Peters wirklich vom Pech verfolgt worden zu sein.

Aufstehen, weitermachen – das ist offenbar ihr Motto. 1865 gelingt Louise Otto-Peters der nächste Meilenstein in der Frauenbewegung. Sie gründet zusammen mit ihrer Freundin Auguste Schmidt und zunächst 34 Mitgliedern den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (kurz: ADF). Fünf Jahre später gehören der Vereinigung 10.000 Mitglieder an, Louise Otto-Peters ist inzwischen sogar in ganz Europa bekannt. Verrückt, so ganz ohne Facebook, Twitter und Co..

Man könnte an dieser Stelle die vielen Publikationen und Aktionen von Louise Otto-Peters noch weiter und weiter aufdröseln, aber ihre bedeutende Rolle für die Frauenbewegung in Deutschland ist auch so schon offensichtlich genug. Ohne Louise Otto-Peters’ unermüdlichen Kampfgeist bis zu ihrem Todestag am 13. März 1895, wäre unsere Generation von Frauen heute vielleicht noch nicht dort, wo sie jetzt ist.

Louise Otto-Peters

Sicher, was Gleichberechtigung angeht, ist im Jahr 2018 auch immer noch nicht alles optimal, Stichwort „Gender Pay Gap“ beispielsweise. Auch der mickrige Frauenanteil von 31 Prozent im neuen Bundestag ist mehr als beschämend für Deutschland.

Was wohl Louise Otto-Peters, von der schon seit knapp 118 Jahren ein Denkmal in Leipzig steht, zu unserem aktuellen Gleichberechtigungsstatus sagen würde? Vielleicht würde sie unserer Generation von jungen Frauen einen verbalen Arschtritt verpassen, von uns mehr Kampfgeist fordern und so was ähnliches sagen wie im Jahr 1848: „Die Geschichte aller Zeiten hat es gelehrt und die heutige ganz besonders, daß Diejenigen, welche selbst an ihre Rechte zu denken vergessen, auch vergessen wurden.“

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