5 Lehren aus “Die Stein-Strategie”

Ich hatte mir das Buch “Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln*” als Urlaubslektüre gekauft – welcher Titel wäre für einen faulen Strandurlaub besser geeignet?! Warum wir uns einiges von Steinen abschauen sollten, erklärt der Autor in der Einleitung:

“In einer von sinnlosem Stress, Hektik und Atemlosigkeit geprägten Zeit ist intentionale Passivität eine rare und zu Unrecht verfemte Kunstform, die durch nichts besser versinnbildlicht wird als durch den ruhenden Stein.”

Was die Stein-Strategie beinhaltet, lässt sich so zusammenfassen:

“Die Stein-Strategie ist demnach ein Programm innerer Beständigkeit und langfristiger Überlegenheit. sie versteht sich als Übung in Selbstdisziplin und Antidot gegen Ungeduld und Aktionismus, Unrast und Umtriebigkeit.”

In diesem Sinne, kommen hier, ganz geduldig, meine 5 Lehren aus dem Buch:

1. Überleben durchs Nichtstun

Direkt ein echter Survival-Tipp am Anfang: Wenn du dich verirrst und die Chancen gut stehen, dass jemand nach dir suchen wird, solltest du vor allem eins tun: Dich nicht bewegen. Das hört sich vom Sofa aus easy an doch wenn man in einer solchen Situation ist und das Gehirn nach anfänglicher Leugnung versteht, dass man sich verirrt hat, geraten die meisten Menschen in Panik. Dadurch wird Noradrenalin ausgeschüttet, der Stoff, der das Denken ausschaltet. Man rennt orientierungslos herum, in der Hoffnung einen Weg zu finden.

Drei Viertel aller verschollenen Menschen sterben innerhalb von 48 Stunden. “So schnell? Jeder kann doch wohl 48 Stunden im Wald ausharren.” Ausharren schon, aber die meisten Menschen harren in einer solchen Situation nicht aus. Sie verausgaben sich. Diese drei Viertel sterben an Unterkühlung, was in diesem Zusammenhang nur ein anderes Wort für Selbstaufgabe sein kann. Die physische Verausgabung führt zügig und unweigerlich in die totale Erschöpfung und die mentale Hyperaktivierung mündet in Resignation. Sich nicht vom Fleck bewegen, hat außerdem den Vorteil, dass man leichter gefunden werden kann!

Also, wenn du dich mal verirrst, denke daran: Bleib’, wo du bist, Wasser und Nahrung strikt einteilen, und auf Rettung warten.

2. Action Bias

Aktives Warten kann nicht nur Leben retten, sondern auch in anderen Situation helfen bessere Entscheidungen zu treffen. Die menschliche Neigung, in unübersichtlichen Situationen aktionistisch zu handeln, auch wenn das Handeln unabsehbare und am Ende negative Folgen hat, nennt die Wissenschaft Action Bias. Wir Menschen fühlen uns besser, wenn wir etwas gemacht haben, auch, wenn sich nichts zum Besseren gewendet hat. Hauptsache man kann sagen (anderen und sich selbst), man hätte etwas getan.

Dies geht mit unserem mittlerweile weit verbreitetem Erschöpfungsstolz einher. Wir sind stolz darauf viel getan und dementsprechend müde und erschöpft zu sein. Wem hilft’s? Niemandem. Daher: Wenn die Situation unklar ist, nichts unternehmen bis du die Situation besser einschätzen kannst. Halte dich einfach zurück.

Das dazugehörige Prinzip heißt übrigens OODA “observe – orient – decide – act“. Die meisten Menschen überspringen die beiden Os aus Ungeduld. Warren Buffett ist übrigens Meister des Abwartens, er sagt: “Beim Investieren korreliert Aktivität nicht mit Leistung“. Er wartet lieber ab und entscheidet sich so spät wie möglich für ein Investment.

3. Je mehr Experte desto schlechter die Prognose

Hast du schon mal einen Experten vor laufender Kamera sagen hören “Ich denke, es bleibt alles, wie es ist!”? Ich auch nicht. Obwohl die meisten “Experten” gut beraten wären genau dies zu prognostizieren. Philip Tetlock hat in den 1980er Jahren sogenannte Experten gebeten Zukunftsprognosen und Trends a la “Wo steht der Ölpreis in zwei Jahren” abzugeben und diese später ausgewertet. Dabei teilte er seine Experten in zwei Lager: Füchse und Igel. Füchse verfügen eher über ein breites Wissen und zeichnen sich durch eine größere Demut vor der Zukunft aus während Igel auf ein spezielles Thema abonniert sind und “eine große Idee” verfolgen.

Die Ergebnisse: 1. Alle Prognosen waren kaum besser als der Zufall und 2. schlugen die Füchse die Igel. Wie ist das zu erklären? Igel beschäftigen sich schließlich den ganzen Tag mit “ihrem” Thema. Japp, genau da liegt das Problem. Sie überschätzen sich, sie leiden am “overconfident bias“. Außerdem bewegen sie sich Tag ein Tag aus ausschließlich in ihrer fachlichen Blase – mit anderen Experten, die sich gegenseitig die Akkuratheit ihrer selektiven Wahrnehmung bestätigen. Kein Input von außen, kein konstruktives Hinterfragen.

Die Füchse schnitten ein wenig besser als der Zufall ab, verloren aber dennoch gegen die Null-Hypothese. Wenn man davon ausgeht, dass sich nichts ändert, fährt man im Schnitt besser als auf Fuchs-Igel-Experten zu hören.

4. Wer nicht fragt, wird schlau.

Passend zu dem Buch “Quiet”, das ich davor gelesen habe, besagt auch die Stein-Strategie, dass Schweigen oftmals Gold ist. Besonders dann, wenn man etwas wissen will. Das funktioniert so: Menschen, die etwas belastet, denen etwas auf der Seele liegt, werden sich eher durch hartnäckiges Schweigen provozieren lassen, ihr Schweigen zu brechen. Wir können mit Stille nur sehr schwer umgehen und empfinden sie oft als unangenehm. Daher brabbeln wir los. Verkäufer nutzen diesen Trick häufig, um Kunden vom Kauf zu überzeugen. Sie platzieren ihr Schlussargument und verfallen danach in Schweigen.

Auch in Streitsituationen kann es die beste Lösung sein, den Mund zu halten. Man muss nicht in jeden Konflikt springen, jede liegen gelassene Socke anmahnen, jeden Streit ausfechten bis Tränen fließen. In emotionalen Extremsituationen neigt man zu hitzigen Überreaktionen, die niemanden weiterbringen. Oftmals ist es besser den Mund zu halten, etwas Gras über die Sache wachsen zu lassen und auf die Selbstheilungskräfte des Sozialen zu vertrauen.

5. Red queen effect

Bei “Alice im Wunderland” gibt es eine Szene, in der Alice und die rote König rennen und rennen und rennen – nur um am Ende wieder genau dort zu landen, wo sie gestartet sind. Auf Nachfrage antwortet die Königin: “Hierzulande musst du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst. Und um woandershin zu kommen, musst man noch mindestens doppelt so schnell laufen!”. Kommt dir das bekannt vor? Kein Wunder, denn die durch Fortschritt gewonnene Zeit wird an anderer Stelle sofort wieder verausgabt. Ein schönes Beispiel dafür ist die Hausarbeit. Früher wurde der Teppich im Flur zweimal pro Jahr ausgeklopft. Heute, mit unseren Super-Dooper-Staubsaugern geht das alles viel schneller. Aber saugen wir den Teppich zweimal im Jahr? Natürlich nicht, sondern mindestens einmal pro Woche! Die Zeitersparnis durch technische Helfer wird durch gehobene Standards in Hygiene und Ästhetik sofort absorbiert.

Gleiches gilt fürs Geld: Trotz wachsendem materiellen Wohlstands werden die Menschen subjektiv nicht glücklicher. Je mehr Geld sie haben, desto mehr geben sie aus. Dann müssen es das Eigenheim, das dicke Auto und das Boot sein. Um Unterhalt und Instandhaltung finanzieren zu können oder ggf. den Kredit abzubezahlen, müssen sie immer mehr arbeiten weil sie immer mehr Geld brauchen. Dadurch bleibt wenig Zeit und Muße das Leben zu genießen. Rennen, rennen, rennen und doch nicht vom Fleck kommen.

Fazit zum Buch

Für mich war es die perfekte Urlaubslektüre und auch im zweiten Durchgang noch spannend. An manchen Stellen wird es ein wenig philosophisch, was mir persönlich gut gefällt. Wenn du das Gefühl hast, dein Leben wird immer schneller und du musst stets neue und schnellere Entscheidungen treffen, nimm’ dir die Zeit dieses Buch zu lesen. Danach wirst du viele Situationen durch die Brille der Steine sehen und anders beurteilen 😉

Hier geht’s zum Buch*

 

Foto oben: https://static.pexels.com/photos/26178/pexels-photo-26178.jpg

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